Kieler Nachrichten

Kieler Nachrichten - Ausgabe Nr. 295 vom 18.12.2009 (Seiten 1 u. 24) von Anne Spielmeyer

http://www.kn-online.de/lokales/kiel/128788-Hoerspiel-entführt-in-die-Kieler-Hanse-Zeit.html


Die (fiktiven) Abenteuer des Henric Willenbrook

Hörspiel entführt in die Kieler Hanse-Zeit

Kiel - Kiel, Mitte des 15. Jahrhunderts: Pferde wiehern, Hufe klappern über das Kopfsteinpflaster und laut rufend bieten Marktschreier ihre Waren feil. Henric Willenbrook streift in diesen Tagen des Spätmittelalters mit seinem Enkel über den Marktplatz. „Erzählt!“, fordert das Kind seinen Großvater auf, aus vergangenen Tagen zu berichten.

Welche Geschichten der Großvater auspackt, können all jene erfahren, die sich dem Hörspiel „In den Fängen der Hanse - Von den Kieler Burspraken“ der Kieler Produzentin Hilke Wilhelmsen widmen. 120 Minuten entführt es die Zuhörer ins mittelalterliche Hanseleben und in den Alltag des Henric Willenbrook, der alles andere als langweilig ist: Als Sohn eines Lübecker Hanse-Kaufmanns wird Henric mit der Hansekogge zur Lehre nach Norwegen gebracht. „Jawohl, Meister Diederich“ sind die wohl häufigsten Worte, die er in den harten Lehrjahren zwischen Reckestock und Prügelritualen ausstößt. Er gerät in die Fänge der Hanse, begibt sich mit den Piraten Michels und Störtebeker auf Kaperfahrt und findet letztlich auf romantische Weise doch noch sein Glück in Kiel.
„Ein faszinierendes Kiel-Abenteuer mit dem Zeug zum Kult. Stadtgeschichte einmal anders - mitreißend und spannend“, so lautet das Urteil von Oberbürgermeister Torsten Albig. Das Kulturamt der Stadt hat sich an den Produktionskosten beteiligt. Kiel, die „ungeratene Hansestadt“, kommt im Hörspiel nicht zu kurz: Der „Kieler Umschlag“ steht auf dem Programm, die „Kieler Burspraken“, Gebote und Verbote der Stadt, werden auf dem Rathausplatz verlesen, und Orte wie St. Nikolai, das Kieler Kloster und die Förde tauchen in der Erzählung auf. Fiktiv ist die Abenteuergeschichte zwar, aber sie basiert auf historischen Gegebenheiten und lässt so manche Detailinformation in die szenisch aufbereitete Stadtgeschichte einfließen.

„Auch Schulklassen können die CD als Unterrichtsmaterial verwenden, wenn sie etwas über die Hanse und das mittelalterliche Leben im Norden erfahren wollen“, sagt Fachhochschulabsolventin (Multimedia Production) Hilke Wilhelmsen. Sie hofft, dass ihre Arbeit sich gelohnt hat. Ein Jahr hat die Produktion des nun frisch gepressten Hörspiels gedauert. Nachdem das Skript geschrieben war, mussten Musik und Geräusche produziert werden: das Knattern der Segel im Wind, Fechtgeräusche und musizierende Spielmannsleute. „Wie bekommt man ein Geräusch, das wie das Schließen eines Fasses klingt?“, fragt Hilke Wilhelmsen. „Wir haben ewig experimentiert. Am Ende haben wir einen Küchenstuhl über den Steinboden geschleift“, erinnert sie sich.
Die Produktion des Hörspiels in den Studios der Fachhochschule Kiel hat beim festen Team von Hilke Wilhelmsen, Vladimir Gritskiy und Lars Christiansen, aber auch bei den über 20 ehrenamtlichen Sprechern für gute Stimmung gesorgt. „Wir haben viel gelacht und hatten Spaß, uns ins mittelalterliche Leben einzufühlen“, erinnert sich Michaela Schiller, Marktschreierin auf (Lauf)-Zeit.